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Ungewöhnlich aber wahr und weltweit einmalig:

Musikinstrumente aus Streichhölzer in Originalgröße

Vor ca. 50 Jahren hatte der Bad Karlshafener Kaufmann Albert Benkert (geb. 24.09.1922) einen Kiosk an der Saline und rauchte ab und zu mal eine Zigarette. Wie er so da saß und ein Streichholz in der Hand hielt kam ihm der Gedanke, ob er nicht einmal ein kleines Musikinstrument aus diesen Hölzern bauen könnte. Und so baute er seine erste, kleine Geige von etwa 10 cm Länge, die er bei einem Städtequiz Bad Karlshafen gegen Hirschhorn 1975 dem HR-Rundfunkmoderator Werner Reinke im Bürgerhaus   Helmarshausen als Geschenk überreichte. Er konstruierte noch eine kleine Geige und danach hatte er die Idee, das gleiche Musikinstrument in Originalgröße herzustellen. Dies tat er dann auch und auf den ersten Blick war es ein wundervolles Instrument, typisch gemasert durch die abgebrannten Köpfe der Streichhölzer. Und so bekam er immer mehr Lust, weitere Instrumente zu bauen. Er beschaffte sich Literatur aus dem Musikinstrumentenbauwesen, studierte eingehend die Formen, Statiken, Zargen, Boden- und Deckenkrümmungen, Maße und Klangkörper. Doch wo sollte er die Unmengen an Streichhölzern her bekommen ? Ganz einfach: Er inserierte in Zeitungen und anderen Medien und es dauerte gar nicht lang bis säckeweise Streichhölzer aus allen Bundesländern sogar aus Italien bei ihm zu Hause in seiner kleinen, beschaulichen Wohnung eintrafen. Er hatte kaum noch Platz im Wohnzimmer und Keller und die Familie war auch nicht gerade begeistert. Dennoch zog er sein Vorhaben durch. Er baute eine weitere Geige, einen Kontrabass (450.000 Hölzer), ein Akkordeon mit 80 Bässen und 7 Register (80.000 Hölzer, das absolute Schmuckstück seiner "Bauwerke"), eine Gitarre, Hawaiigitarre, Mandoline, ein Banjo, ja sogar eine Trompete ohne Ventile, Conga, Bongos und ein Schüttelrohr. Experten hielten es für unmöglich, eine Trompete aus Holz zu bauen, die auch noch wie eine Trompete klingen sollte. In die Schnecke am Bass integrierte er eine Zigarettenschachtel mit der Bauanleitung, "damit, der das später mal liest, sich eine anstecken kann." Insgesamt sind es 12 Instrumente, alle sind bespielbar und erzeugen einen dem "Holz" entsprechenden vollen, warmen Ton.

Anfangs, in den 60iger Jahren, stellte Benkert die Instrumente im nicht mehr existierenden HOTEL "DEUTSCHES HAUS" oder später "WEIßER HIRSCH" in Karlshafen in der Mündener Str. aus. Ebenso stellten wir die Instrumente im Rathaus Foyer öfters in der Touristensaison vor. Dann aber geschah lange nichts bis Reinhard Gavel aus Bad Karlshafen sich mit dem Erbauer  zusammensetzte und Lieder auf den Instrumenten ausprobierten. Reinhard, der mir als 14jähriger das Gitarrespielen beigebracht hatte (er zeigte mir 9 Akkorde...), holte mich hinzu und meinte, dass wir mit den Streichholz-Instrumenten unbedingt an die Öffentlichkeit müssten. Gesagt, getan. Wir probten in A. Benkerts Wohnzimmer, wieder zum Leidwesen der Familie, bis wir ein Repertoire für ca. 1 Std. Musik zusammengestellt hatten.

Am 19. Oktober 1974 war es dann soweit: Eine Weltpremiere nach 15 Jahren Bauzeit:

=> Das "MILLION ORCHESTRA" (wegen der 1 Million verbauten Streichhölzer) hatte seinen ersten Auftritt im barockenen Landgrafensaal zu Bad Karlshafen. Die Stuckarbeiten an der Decke ließen ohnehin eine festliche Atmosphäre aufkommen und der Saal war um 20:00 bis auf den letzten Platz ausverkauft. Der Eintritt kostete damals 0,99 DM. Die erste Hälfte des Gigs gestalteten Björn und Raphael (ich und Reinhard resp.) mit diversen engl., amerikanischen und deutschen Folksongs und nach der Pause trat das "Orchester" auf. Die Mitwirkenden waren: Albert Benkert, Reinhard Gavel, mein Bruder Gerald, Dieter Eickenberg, Bernhard Brauner und meine Wenigkeit. Nicht nur Einwohner aus Bad Karlshafen und Kurgäste aus der Solestadt, sondern auch viele Auswärtige, selbst aus dem Nachbarkreis Höxter, waren gekommen, um die Uraufführung der Kuriosität zu erleben.
Zum ersten Mal hörte man den Klang der Instrumente, jeder war verblüfft und konnte es kaum glauben, dass aus diesen Instrumenten auch ein Ton herausgezaubert werden konnte. Kurz: Es war ein gelungenes Konzert mit begeisterten Zuhörern. Nur positive Kritiken waren aus den Medien zu vernehmen. Dieser Erfolg machte uns Mut. U.a. in der Stadthalle Beverungen, in einer Kasseler Disco, beim Städtequiz "1:0 für meine Stadt" (Bad Karlshafen gegen Hirschhorn, BK gewann !) und in Neuhaus wurden die Instrumente präsentiert und gespielt.
Nach diversen Auftritten im nächsten Umkreis von Karlshafen und der Eröffnung des Interfolk Festivals in Osnabrück 1972 folgte eine Einladung des ZDF für Fernsehaufnahmen zu der Sendung "MENSCHENSKINDER", die am 9. Juli 1975 im Zweiten um 21:15 ausgestrahlt wurde. Der Film wurde zunächst im Rathaus gedreht - später aber verworfen und eine neue Auflage wurde direkt bei Mahlmanns an der Weser aufgezeichnet und auch gesendet. Weiterhin interessiert war auch das HR3 Fernsehen Studio Kassel und sendete Aufnahmen aus dem Landgrafensaal im Nov. 1975. Hierbei demonstrierte A. Benkert wie er die Instrumente gebaut hatte. Vor dem Rathaus in Bad Karlshafen traten die nunmehr 5 Musiker in der TV-Livesendung "Die Leute von Bad Karlshafen" mit Werner Reinke auf.
Ein weiteres Highlight war die Teilnahme an der Livesendung "KÖLNER TREFF" mit Alfred Biolek und Georg Thoma, bei der auch Dunja Raiter, Richard Stücklen und auch Franz-Josef Strauß (er saß neben mir in der Maske) ihr Bestes gaben.

Die absolute Krönung unserer "Million Orchestra Karriere" war der Auftritt in der TV-Live-Sendung "Na sowas !" mit Thomas Gottschalk als Moderator am Montag, 16. Mai 1983 um 19:30 im ZDF. Die Proben fanden am Freitag im Fernseh-Studio München statt und wir waren im Holiday Inn das ganze Wochenende untergebracht. In den Hotelzimmern probten wir mit dem ganzen Equipment, damit uns ja kein Fehler unterläuft. Im Restaurant des Holiday Inn trafen wir noch Hans-Joachim Kulenkampff, dem wir unser Fotoalbum präsentierten.
Mit in der Sendung waren u.a. TRIO, Marsha Haynes und Stephen Stills von Crosby, Stills, Nash and Young. Das war ein unbeschreibliches Erlebnis, bei den Großen mitzumischen und mit Ihnen in der Kantine zusammen zu sitzen und zu fachsimpeln. Ausserdem haben wir hinter die Kulissen einer Fernsehsendung schauen können. Wir waren die Einzigen, die live spielen mußten, und alle sehr aufgeregt. Bei den anderen lief alles über Playback. Albert Benkert war aus Gesundheitsgründen leider nicht dabei. Er wollte wohl zu Hause heimlich eine Blockflöte bauen....

Mit dem Gig bei Thomas Gottschalk endete vorerst unser Abenteuer mit Film, Funk und Fernsehen. Bedenken muss man in diesem Zusammenhang auch, dass wir die Instrumente im Privat-PKW transportiert hatten. Bei aller Sorgfalt kann es immer mal passieren, dass ein Stück an den Instrumenten abbricht und dann im ungünstigsten Fall irreparabel sein könnte. Dieses wollten wir auf keinen Fall riskieren und hatten uns daher entschlossen, aus diesem Grund keine weiteren Unternehmungen mehr anzustreben.

Es war eine super Zeit, wir haben viel vom Fernsehbusiness und deren Machenschaften hinter den Kulissen erfahren und dazu noch Prominenz kennengelernt. Zur Zeit sind die wertvollen Teile bei Albert Benkerts Sohn in Bad Karlshafen untergebracht, dick verhüllt und geschützt, bis sie mal wieder für eine Ausstellung, vielleicht wieder in einem Museum, hervorgeholt werden.

Es bleibt zu hoffen, dass all die "Schmuckstücke" erhalten bleiben, gepflegt werden, nicht kaputt gehen und immer wieder Begeisterung bei den Menschen hervorrufen. Für uns war es eine Ehre, nebenbei für unser Heimatstädtchen Bad Karlshafen geworben zu haben. Wir machten die Menschen durch unsere Medien-Auftritte auf Bad Karlshafen aufmerksam, wo man die Barockstadt mit ihrem Hafen in der Stadtmitte bewundern und sich die Streichholzinstrumente auch "in natura" anschauen kann. 

Ihr Erbauer, Albert Benkert, ein musikalisches und handwerkliches Multitalent, wird wohl als eine herausragende Person, nicht nur in unserer "Weißen Stadt im Grünen", für immer unvergessen bleiben. Albert war wie ein Freund und Kumpel zu uns und wir haben uns alle sehr gut ergänzt und gegenseitig geschätzt, privat wie auch auf der Bühne.
Er verstarb leider am 24.7.2005 im Alter von 83 Jahren. Wir werden ihn nie vergessen ! 

Für Albert Benkert und sein "Millionen Orchester",

einer der Mitbegründer,

Günter Geiling

 

 

 

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